Experte Günter Liebel klärt EU-Mythen auf

Veröffentlichungsdatum23.05.2024Lesedauer2 Minuten
Drei Personen im Stadtamt Zwettl

EU-Experte DI Günter Liebel (Mitte) informierte auf Einladung von Vizebürgermeister Andrea Wiesmüller bei einem VHS-Vortrag über die Arbeit in der Europäischen Union. Mit im Bild: Monika Führer-Kolm (VHS und Gemeinderat Dr. Günter Widhalm

Die Volkshochschule Zwettl (VHS) lud am 15. Mai zu einem Infovortrag von DI Günter Liebel in das Zwettler Stadtamt. Günter Liebel ist ehemaliger Generalsekretär im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft. Passend zur bevorstehenden EU-Wahl am 9. Juni gab er spannende Einblicke in die Maschinenräume der drei Hauptakteure der Europäischen Union: Rat der EU, Europäische Kommission und das Europäische Parlament.

Dabei wurden einige Vorurteile über die EU entkräftet (siehe weiter unten). Häufig falle in der Diskussion über die Sinnhaftigkeit der EU von vielen der Satz: „Die machen, was sie wollen und fahren über uns drüber.“ Günter Liebel erklärte, dass kein Gesetz „plötzlich vom Himmel“ falle, sondern über mehrere Jahre intensiv diskutiert, verhandelt und angepasst wird. Fairerweise sei dazugesagt, dass die „Stimmgewalt“ bei den Abstimmungsverhältnissen im Rat sich für Österreich auf knapp 2 Prozent beläuft. Trotzdem sei es wichtig, Bündnisse zu suchen. Beim Verhandeln bedeuten die Verhältnisse Österreichs zum Rest der EU nicht, keine eigene Meinung in die Gesetzesvorschläge reinbringen zu können oder kein Mitspracherecht bei der Gestaltung von Rechtsakten zu haben, erklärte Günter Liebel. „Man sagt bei der Abstimmung nicht ‚nein‘, man sagt ‚ja, aber‘.“

Jeder zahlt täglich 50 Cent an EU

Das Gesamtbudget der EU für 2023 beträgt 169 Milliarden Euro, 3,6 Milliarden davon kommen aus Österreich. Dass „nur“ 2,4 Milliarden über Rückflüsse seitens der EU wieder bei uns landen, bedeute kein negatives „Netto-Ergebnis“, erklärte Günter Liebel: So seien etwa die Erträge aus dem Warenexport aufgrund des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs innerhalb der EU seit dem Beitritt Österreichs um das Fünffache auf 195 Milliarden pro Jahr gewachsen. Pro Kopf und Tag zahlen die Österreicher übrigens knapp 50 Cent an die EU.

Ein Austritt Österreichs aus der Europäischen Union wäre für den Experten fatal, wie er in einer Fragerunde am Ende des Vortrags sagte: „Die wirtschaftlichen Auswirkungen wären eine Katastrophe, man müsste etwa Verträge über Zölle mit jedem einzelnen Nachbarland neu verhandeln, das wäre unmöglich.“

 

Einige Mythen über die EU im Faktencheck (Quelle: Günter Liebel):

  • „Die EU schreibt uns die Gurkenkrümmung vor.“ Falsch, richtig ist: Die „Gurkenkrümmung“ beruht auf einem österreichischen Qualitätsklassengesetz aus den 60er Jahren, wurde von der EU übernommen, aber bereits 2009 wieder abgeschafft. Die Verordnung wird dennoch von vielen Ländern wegen ihrer positiven Wirkung für Handel und Logistik bis heute verwendet.
  • „Die EU will das Bargeld abschaffen.“ Falsch, richtig ist: Es wurde eine Obergrenze von 10.00 Euro für Barzahlung vorgeschlagen. Grund ist die Bekämpfung von Geldwäsche. Diese Obergrenze gilt jetzt schon bei der Einfuhr.
  • „Die EU holt sich immer mehr Macht nach Brüssel.“ Falsch, richtig ist: Für eine Kompetenzverschiebung müssten die EU-Verträge einstimmig geändert werden. Das passiert sehr selten.
  • „Die EU verfügt eine T-Shirtpflicht für Bauarbeiter“. Falsch, richtig ist: Eine Richtlinie zum Arbeitnehmerschutz sah vor, dass die Arbeitgeber die Arbeitnehmer über zu starke Exposition bei ihrer Tätigkeit informieren und wenn notwendig Maßnahmen vorschlagen.

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